mit Kristine Kress und André Hille in dem traumhaft schönen Komplex des Ullstein Verlages in der sehr verwirrend numerierten langen Friedrichstraße in Berlin lerne ich die Arbeitsweise einer Lektorin und eines Agenten – in Personalunion eines kreativen Schreiblehrers – kennen. Wir sitzen großzügiger Weise im 5. Stock im Zimmer der Verlegerin. Das Fenster geht über die ganze Wand, bis zur Bundeskanzlerin kann man sehen. Die Teilnehmerliste beeindruckt, ich bin die einzige aus Hamburg, die anderen kommen aus Mainz, Schopfheim, Bochum, Hannover, Bad Homburg, Klagenfurth am Wörthersee, Würzburg, München und drei sind schließlich aus Berlin da. Der Reader, den jeder vorher bekommen hat, ist voll von sehr unterschiedlichen Exposés mit Textauszügen. Das Prozedere des Seminars: drei Teilnehmer ziehen sich in Kleingruppen zurück – der parkähnliche Garten hinter dem zweiten renaissancehaften Gebäude ist klösterlich ruhig, weil er an die Charité grenzt – und besprechen untereinander drei Textbeispiele von drei anderen Teinlnehmern. Anschließend trifft man sich im Plenum, André – wir duzen uns angenehmer Weise von Beginn an – schlägt dann denjenigen vor, der besprochen werden soll, derjenige liest das, was André ihn zu lesen bittet, die Vorbereitungsgruppe lässt den jeweilig dem Text Zugeordneten die positive und negative, also kurz: die Kritik der Gruppe berichten und dann können die anderen ergänzen, bevor erst André und dann Kristina schwungvoll und sehr überzeugt anhand von Textstellen begründen, warum es – MEIST – so, wie es jetzt geschrieben ist, GAR NICHT geht. So kommt es nicht nur mir vor. Aber mir eben sehr! Mein Gefühl ist, dass sowohl ein Agent als auch eine Lektorin solange nur Minuspunkte sammeln, bis sie sich zum Kauf entschlossen haben, dann sammeln sie bestimmt Pluspunkte und geben all ihre schöpferisch Kraft hinein, um das Werk sehr gut zu machen. Ich bin so froh, dass ich keinem Agenten und keiner Lektorin meine fröhlich und unbekümmert geschriebenen Geschichten vorlegen muss, damit die daraus Literaur machen können. Trotzdem habe ich sicher etwas gelernt. Was, das muss sich erst einmal zeigen. Heut habe ich auf jeden Fall vom Schreiben Abstand genommen. Aber morgen geht es weiter. Hopefully… Nachtragen muss ich noch, dass immer wieder von André Skizzen zum spannungsvollen Schreiben an die Flipchart skizziert wurden, ganz so wie man sie in Anleitungsbüchern zum guten Schreiben findet. Die Ebene des ‚creative‘ – für mich die Ebene der Begeisterung – wurde auf der Unterrichtsebene nur wenig berührt.